Die ägyptische Mythologie ist durchtränkt von der Verehrung der Gottheit Thot, einem Gott von erstaunlicher Vielseitigkeit und Bedeutung. Thot wird oft als ibisköpfiger oder pavianköpfiger Gott dargestellt, eine Abbildung, die seine Weisheit und seine Verbindung zum Mond symbolisiert. In der ägyptischen Kunst ist er häufig mit einer Schreibpalette und einem Schilfrohrschreiber zu sehen, was auf seine Rolle als Gott der Schrift und der Gelehrsamkeit hinweist.
Einer der faszinierendsten Aspekte von Thot ist seine Rolle als Vermittler in den göttlichen Reichen, fungierend als die Stimme der Vernunft und des Gleichgewichts. Er wird oft in Szenen der Totengerichtsbarkeit abgebildet, in denen er als Schreiber fungiert, der die Herzen der Verstorbenen gegen die Feder der Wahrheit wiegt, um ihr Schicksal im Jenseits zu bestimmen.
Seine Bedeutung erstreckt sich auch auf die Magie und Alchemie, wo er als Erfinder der magischen Künste und der Schrift angesehen wird. Der sogenannte "Hermetismus", eine philosophische und esoterische Tradition, die sich in der Spätantike entwickelte, wird ihm zugeschrieben und verbindet ihn sogar mit dem griechischen Gott Hermes durch die Figur des Hermes Trismegistos. In dieser Hinsicht symbolisiert Thot die Verbindung zwischen dem Ägyptischen und dem Griechischen, sowie zwischen Wissenschaft, Magie und Religion.
Die Rolle von Thot in der Mythologie ist auch entscheidend, wenn es um die göttliche Ordnung geht. Er tritt als Vermittler und Friedensstifter in den Auseinandersetzungen zwischen guten und bösen Kräften auf, insbesondere in der berühmten Geschichte des Kampfes zwischen Horus und Seth, in der er als Schiedsrichter fungiert.
Als Gott der Zeit hat Thot auch die fünf zusätzlichen Tage des ägyptischen Kalenders geschaffen, die sogenannten Schalttage, um das Problem des lunar-solaren Kalenderunterschieds zu lösen. Diese Tage wurden als außerhalb der regulären Zeit stehend angesehen, was ihnen einen Aspekt des Übernatürlichen und des Magischen verleiht. In diesen Tagen wurden die Geburten mehrerer wichtiger Gottheiten wie Osiris und Isis gefeiert.
Eine weitere faszinierende Geschichte, die Thots Weisheit unterstreicht, ist die Sage, in der er dem Mondlicht Teile entnahm, um fünf Tage zum Jahr hinzuzufügen. Diese Tage außerhalb des zyklischen Kalenders ermöglichten die Geburten von fünf wichtigen Göttern, darunter Osiris und seine Geschwister. Dadurch bewahrte Thot die kosmische Ordnung und ermöglichte die Fortführung der göttlichen und weltlichen Zyklen.
Thot ist auch mit der Heilung und der Gesundheit verbunden. Als Meister der Wörter und der Sprache war es seine Aufgabe, die Zaubersprüche und Formeln zu formulieren, die Krankheiten heilen und Schutz bieten könnten. In der ägyptischen Vorstellungswelt war die Aussprache der richtigen Worte mit der richtigen Aussprache entscheidend für die Ausübung wirkungsvoller Magie.
Abschließend ist Thot ein Sinnbild für das Streben der Ägypter nach Wissen, Weisheit und Harmonie im Kosmos. Sein Kult überdauerte Jahrtausende und hinterließ ein Vermächtnis, das in der ägyptologischen Forschung und in den esoterischen Traditionen bis heute lebendig ist. Sein Einfluss erstreckt sich weit über die Grenzen Ägyptens hinaus und sein Archetyp als göttlicher Schreiber und Bewahrer der Weisheit bleibt in vielen Kulturen und spirituellen Traditionen bestehen.